Dienstag, 27. Dezember 2011

Neuer EU-Erlaß zur Volksgesundheit

Die Eurokrise macht uns zu schaffen. Über eine andere Krise wird kaum berichtet. Die EU-Kommission hat jedoch Weitblick bewiesen.

Die EU-Europäer leiden unter Seßhaftigkeit, nicht nur in Brüssel. Der BMI steigt. Chronisch-degenerative Krankheiten breiten sich aus. Bereits Schulkinder sind betroffen. Die Pharmabranche kann wenig bieten. Ein neuer Erlaß

„Bewegungsintensitätstrainingdurchsetzungsverordnung“

bietet Abhilfe. Von Deutschland bereits als „alternativlos“ bezeichnet und vom größten lebenden Philosophen des Abendlandes als mit demokratischen Prinzipien in Einklang stehend anerkannt. Nur in Frankreich regt sich (leiser) Protest. Als „retour à l’âge de la pierre“ [Rückkehr in die Steinzeit] wird die Verordnung bezeichnet und sie gilt als unvereinbar mit dem „französischen Paradox“. Da Deutschland sich aber bereit erklärt hat, die Kosten für Fitnesstrainer in Frankreich und die Schulung von Tabata-Lehrern durch japanische Ausbilder zu übernehmen, konnte die Initiave in Kraft treten.

Sonntag, 20. November 2011

Eurokrise, U$-Verschuldung und Demokratie

Ave Hayek, die Todgeweihten grüßen Dich.

Es nimmt kein Ende. Ein Rettungsversuch nach dem anderen. Zu den Vorschlägen nehmen wir keine Stellung. Bringt sowie so nichts. Man fragt sich als demokratieskeptischer Hayekianer, wie beides zusammenhängt, Verschuldung, ökonomische Stagnation und Demokratie. Warum haben die Staaten Schulden über Schulden aufgehäuft? Schon erschütternd wenn man liest, wie die Amerikaner bei nahezu 15,000 Mrd. Dollar („In God we trust“) landen können.

Einfach gesagt: Wählerstimmen. Machterhalt, Machtgewinn. In Europa kommt das freie Eurofrühstück dazu. Die Südländer konnten sich zu niedrigen Eurozinsen verschulden. Wer weigert sich, ein solches Geschenk anzunehmen. Der „kostenlose Frühstückstisch“ (Schumpeter, 1987, S. 165) entfaltet sich als demokratisches Rauschgelage. Was danach kommt, wissen wir. Die ökonomischen Laboratorien (Keynes et al.) bieten wenig, um den Verdauungsbeschwerden – nicht auszuschließen, daß sie in chronisches Krankheiten, eben demokratische Volkskrankheiten münden - zu therapieren. Die Politik hängt zudem an den Krankheiten des Banksystems, von den theoriedefizitären Schools of Finance, als „systemische“ erfunden. Do not touch a running system, auch wenn es uns an die Wand fährt.

Der angelsächsische Finanzkapitalismus herrscht, ein Teilsystem der Ökonomie, eng verlinkt mit Politik und Wissenschaft, der keine über die Zeit akumulierte Wertschöpfung erzeugt. Für die Gesundheit der Ökonomie ist er so nützlich wie Cola und Big Mac für die Gesundheit des menschlichen Körpers. Warum kommt so etwas an, in Wissenschaft, Politik, Medien? Theoretische Simplifizierungen sind en vogue in der Wissensgesellschaft.

Der Bürger zahlt nun zu Recht die Zeche. Er wollte es so. Die Politiker kommen durch ihn ins Amt. Er internalisiert nun die externen Wirkungen seines durch Schulden erzeugten temporären Wohlstandes.

Das Obige ist aber noch, wie angemerkt, zu einfach gesagt. Man muß den Wählerstimmen diejenigen Überzeugungen der politischen und medialen Eliten hinzurechnen, die Überzeugung, andere Länder wären vom eigenen demokratischen Lebensstil zu überzeugen – durch Gewalt, militärische Intervention. Das erzeugt weitere Schulden. Die Amerikaner geben pro Jahr, wenn man die Schattenhaushalte mitrechnet, 1000 Mrd. US $ für Militär aus. Im Budget von Obama für das Jahr 2012 machen die Ausgaben für das Militär 25 Prozent aus, gefolgt von „Gesundheit“ (sprich Therapeutisierung chronischer Krankheiten) mit 23 Prozent und Renten und Pensionen mit 22 Prozent (Sylvain Cypel, Dette américaine: un accord des concessions, Le Monde, 2. August, 2011, S. 12). Die Herabstufung durch Standard & Poor’s bestätigt lediglich, was jedermann wissen konnte und seit Jahren Gemeinplatz von Beobachtern der US-Wirtschaft war. Was will Obama machen? Er hängt am Tropf von Wallstreet, McDonalds und Cola et al. (Produzenten chronischer Krankheiten). Auch Rom starb nicht über Nacht. Was auf die USA zukommt, ist in den Medien noch gar nicht angekommen. Heilige Kühe stehen vor dem Schlachter Schlange.[1]

Ein amerikanischer Beobachter:

Here's the problem. Whatever party actually fixes the problem (i.e. forces the US to live within its means) will incur so much wrath from the American voter that they'll be dead for a generation. Try convincing career politicians to do that---it is a total nonstarter. Thus running into the wall, collapsing, and rebuilding is the only realistic course.

Der Blogger Randall Parker schreibt dazu:

Yes, you describe it in a nutshell. There are politicians in DC who, behind close doors and with people who they can trust, can probably tell you in great detail what some of our problems are. But they can't get reelected with honesty.[2]

Dirk Schümer zu Italien:

So bezeugt Italien nur konsequent die Malaise einer Demokratie, welcher stets der Schlauberger gewinnt, der den Menschen die dreisteten Versprechen macht und die Lüge dann auch Pump finanziert – sich selbst am royalste. [3]

Regel, Ausnahme? Weiß der Weise vom Starnberger See die Antwort? Müssen wir auf Imam Mahdi warten? Auf die Rückkehr steinzeitökonomischer Vernunft und Solidarität? Nochmals Dirk Schümer, warum Italien als Gesellschaft noch funktioniert, die italienische Autopoiese (identisch mit der unserer Vorfahren: nur so konnnten sie überleben):

... Menschen, die für das solidarische Italien der Familien und Nachbarschaften einstehen und einen Gemeinsinn leben, der ihrer politischen Kaste selbst abhandengekommen ist.

Die Amerikaner haben Schulden (privat, Staat, Unternehmen) aufgehäuft, die 360 Prozent des BSP ausmachen. Andere Schätzungen nennen 268 Prozent (Je nachdem, ob man zukünftige Belastungen, insbesondere durch die Sozialsysteme, berücksichtigt oder nicht).[4] Die Entschuldung, wenn sie erfolgt, wird die amerikanische und europäische Wirtschaft für Jahre Wachstumseinbußen bringen. Für die Ratingagenturen kein Problem. Sie sind Teil des Wallstreet-City-Komplexes. Sie schaffen Spekulationschancen im Schattenkapitalismus und für Investementbanken. Die USA machen sich an China ran: aufwerten. Die Chinesen, ausgestattet mit intelligenter Führung, werden antworten: nur wenn ihr Wallstreet an die Kette legt, Schattenbanken und Hedgies eunuchisiert. Wir wissen wie das geht. IMF-Chefin Lagarde spricht – wohl in Anlehnung an das von der internationalen Gemeinschaft der westlichen Demokratien Japan auferzwungene Schuldenmachen und ihre Beseitigung - von einem „verlorenen Jahrzehnt“. Für die Bürger mit durchschnittlichen Einkommen in den USA und Deutschland werden es dann zwei Jahrzehnte werden.

Der von D und dem EU-Mandarinismus Euroländern auferzwungene Sparzwang schädigt die Nachfrage, auch nach deutschen Produkten. Der Exportweltmeister (ehemals) leidet. Gratisfrühstück gibt es nur im Kloster. Zwei Wege der Rettung: Löhne usw. runter (Abwertung scheidet aus), und/oder Aktivierung ökonomischer Potentiale. Keynes ist tot, Hayek, Schumpeter sind in BBP (Brüssel, Berlin, Paris) Unbekannte. Um ihre Wiedergeburt zu feiern, muß man Peking reisen.

Emotionen und Medienmarketing als Grundpfeiler der Demokratie. Wie die politische Klasse im Zusammenwirken mit finanzkapitalistischen Akteuren die Wirtschaft herunterwirtschaftet, ist eine Ereigniskette, die zu beobachten dem Beobachter zu Dankbarkeit verpflichtet.

Die sog. Eurokrise ist auch eine demokratische. Bemekernswert, wie die Topdenker der Nation (Schirrmacher, Habermas) ein Mehr an Demokratie einfordern. Ein Grieche, Papandreou, wollte das Volk befragen. Ist doch ein demokratisches Muß. Auch wenn eine Demokratie ohne Verantwortung resultiert. Lösung komplexer Probleme durch Volksentscheid. Futterproduktion für finanzkapitalistische Säbeltiger. Im Prozeß der natürlichen Selektion längst verschwunden, in finanzkapitalistisch irritierten Demokratien Routine. Wie die Preise von Aktien und Rohstoffen sind auch die Kurse von Staatschulden manipuliert, d.h. der Geldsucht der („systemischen“) Akteure ausgeliefert. Die Politik schaut nicht zu, sie partizipiert. Nicht der Bürger (Wähler), nicht die Medien, der Markt (Zahlungen) beherrscht die Reprodukton, auch der Macht. Welche Nation hat sich unter solchen Bedingungen ökonomisch entwickelt? Politikökonomische Einsichten (Hume, Hayek, Schumpeter, Downs et al.) zum Funktionieren komplexer Gesellschaften scheinen unbekannt.

Keine Paradoxie: die Märkte retten, so schieflastig sie auch funktionieren, die demokratischen Staaten vor ihrer Verelendung. Oder umgekehrt: Politische Korrektheit leistet einen Beitrag zum Niedergang, temporär, dauerhaft(?) der Eurozone. Der Euro war ein Geschenk, denn er erlaubte eine Kreditaufnahme zu niedrigen, quasi subventionierten Zinsen zu machen – zum Wohle der Machtgewinnung/erhaltung politischer Akteure. Die Märkte haben diese Option verbaut. Technokraten und Fachleute machen nunmehr economic engineering. Politiker sind Experten der Macht. Sie geben sie ab, temporär, an Fachleute, nicht freiwillig, aus Kalkül. Die Technokraten halten ihren Kopf hin, baden aus, aber nicht an der Wahlurne, sie müssen sich nicht den Wählern stellen. Was können sie tun? Im finanzkapitalistischen System der Wirtschaft müssen sie auch, und primär, die Bedürfnisse der Investmentbanken befriedigen. Auch in Rezession und Depression läßt sich viel Geld verdienen. Und auch Fachleute können Volkswirtschaften ruinieren, wenn ihren blinden Flecke dasjenige nicht wahrnehmen können, was Entwicklung bewirkt. Wenn sie mit Theorien operieren, bewußt oder unbewußt, die ohne entwicklungslogische Aktionsparameter zu reparieren versuchen.

Was einigen Beobachtern immer klar war und ökonomische Gesetze nahelegen: Autonome Wirtschaftssysteme mit unterentwickelten Entwicklungspotentialen und Kompetenzprofilen (die Südländer der Europäischen Union) leiden an einer gemeinsamen Währung. Eine Politik auf EU-Ebene, die hierauf schöpferisch antworten könnte, ist nicht in Sicht.

roepkehu@yahoo.de



[2] http://www.parapundit.com/archives/008236.html#precomments

[3] Der Pate: letzter Teil, FAZ, 10. November 2011, S. 29.

[4] Gerald Braunberger hat den Anstieg der privaten und staatlichen Schulden seit 30 Jahren dokumentiert. Die „268“ für die U$A entnehmen wir diesem Beitrag (FAZ, 13. September 2011, S. 29: Nicht nur der Staat ist in einer Schuldenkrise, http://www.faz.net/artikel/C31640/schuldenkrise-es-ist-nicht-der-staat-allein-30685317.html).

Donnerstag, 27. Oktober 2011

USA im Niedergang? Zenith überschritten?

USA im Niedergang? Zenith überschritten?

In den Medien schon ein Selbstläufer. Was auch viele Amerikaner glauben. Viele Gründe. Krieg, Immigration, Gesundheit, US-Demokratie. Bleiben wir beim Ökonomischen.

Eine Stimme aus dem „Volk“ :

The anti-business lawyer we have in the White House right now pretending to be a President of our USA is absolutely the wrong "leader" for this time, or anytime for that matter. It is a shame the democrats are not promoting a more qualified individual to take the baton from their Carter clone. Dr. Kaku really hit the nail on the head when he correlated the demise of American leadership in science and technology with a concurrent growth in government that is controlled by lawyers more concerned about lawsuits in the name of "social justice" and self-enrichment.

Celgene Message Board, Investor Village, 17. Oktober 2011

“… half of the American labor force is earning poverty level wages.”

Nicholas Pardini, 18. Oktober 2011,

Was Pardini in seinem Beitrag primär anspricht, ist die Logik von Heckscher & Ohlin: Internationaler Handel bewirkt tendenziell einen Ausgleich der Reallöhne. Wie läßt sich dem entgegenwirken? Weglaufen. Wie? Durch Innovation. Wenn die US-Regierung, Forschung und Wirtschaft keine radikalen Neukombinationen mehr zu Wege bringen, wird dieser Trend anhalten – bis China, vielleicht Indien, Vietnam etc. weiter aufholen. China nähert sich zudem technologisch dem Niveau der ehemaligen Innovationsführer – bei noch relativ geringen Löhnen. Die Landwirtschaft kann immer noch Arbeitskräfte für Industrie und Dienstleister bereitstellen. Fast ein „unlimited supply of labour“, wie W.A. Lewis es beschreibt.[1] Der 6. Kondratieff ist in Kernbereichen in den USA blockiert. Insbesondere der Gesundheitssektor ist aufgrund von Pharmalobby (3.Kondratieff) und FDA (Federal Drug/Death Administration) von schöpferischen Zerstörern verschont.

John Haltiwanger untersucht seit vielen Jahren Reallokationsprozesse in den USA. Produktivitätsfortschritte kommen primär dadurch zustande, dass Firmen mit geringer durch solche mit höherer Produktivität ersetzt werden. Letztere sind vor allem junge oder neue Firmen hohen Wachstums. Man denke an Google vor fünf Jahren. Diese Firmen sind auch wesentliche für die Schaffung von Arbeitsplätzen verantwortlich. Haltiwanger erkennt nunmehr Anzeichen, „that the U.S. shows signs of becoming less dynamic over time – establishing a slower pace of reallocation with an accompanying slower pace of job creation from business startups.“ (Haltiwanger, 2011, S. 17).[2] Die jüngste “great recession” (2008ff.) hat diese Tendenz verstärkt. Die Ursachen dieser Rezession und ihre Bekämpfung könnten somit zum schleichenden Niedergang der Vereinigten Staaten beigetragen haben.

Mandel analysiert im Atlantic die Wachtums- (besser Entwicklungs- und Evolutions-)Schwäche der USA. Er sieht nur zwei Auswege: Innovation oder Inflation. Privathaushalte und Staatshaushalte sind überschuldet. Warum ist bekannt. Wenn sie sparen müssten, um die Schulden abzutragen, sinkt die effektive Nachfrage. Der andere Weg ist die Innovation. [Das gleiche gilt im übrigen für die überschuldeten Länder der EU. In der Diskussion geht das unter. Die EU-Kommission bringt es ohnehin nicht auf die Reihe.]

Zur Innovationsschwäche schreibt Mandel[3]:

Another piece of the puzzle is the unexpected innovation shortfall of recent years, which I, Tyler Cowen, and others have documented. This shortfall, particularly in biosciences, has led to a slowing of growth in the developed countries. What's more, the true extent of the growth slowdown has been masked by flaws in the economic statistics.

We want innovation, we need innovation. But if we can't have innovation, we may have to accept inflation as the less-desirable but feasible way out.

Warum soll das ein „puzzle“ sein? Ein Rätsel für diejenigen, die Kant nicht Ernst nehmen: „Eine gute Theorie“ muß her. Wer die Sache beobachtet hat, weiß seit Jahren Bescheid. Zahlreiche Blogs berichtetn täglich. Hoffnungen hat keiner mehr. Pharma hängt im 3. Kondratieff fest. Das Wolfsche Gesetz regiert (abnehmende Innovationserträge im Lebenszyklus einer Basisinnovation). Pharmafirmen rangieren auf den Spitzenplätzen bei Forschung und Entwicklung.[4] Wo bleiben die Innovationserträge, die nach der endogenen Wachstumstheorie eigentlich sprudeln müßten? Bio kommt nicht hoch, weil die Unternehmen nicht hoch dürfen. Die FDA (Federal Death Administration) blockiert Radikales. Verschwörungstheoretisch ist auch klar, warum.



[2] John Haltiwanger (2011). Job creation and firm dynamics in the U.S., Innovation Policy and the Economy, Volume 12.

[3] Michael Mandel, There are only two ways to save the economy: innovation or inflation, The Atlantic, 25. Oktober 2011.

[4] Barry Jaruzelski, John Loehr & Richard Holman: The global innovation 1000. Why culture is key. Booz & Company.D HOLMAN

Euro-Krise und kein Ende in Sicht?

Zum Niedergang eines Politikmodells

Updates 11. September 2011, 26. Oktober 2011

Pech gehabt. Die FT vom 3. September 2011 in die Hand bekommen. Folge: ein Blog. Statt Laozi Euro-Krise.

“Greek puts € 8 bn bail-out aid at risk”, der Aufmacher auf Seite 1. Die Vertreter der EU, des IMF und der EZB, die sog. „Troika“ hatten einen Wutanfall und sind aus Athen abgereist. Wegen was? Weil die Griechen 1.2 Mrd. Euro mehr Defizit machen als vereinbart? Dazu kommt das griechische Hin und Her über sog. Strukturreformen, Privatisierungspläne und gescheiterte Bemühungen noch mehr Steuern einzutreiben. 1.2 Mrd. sind eigentlich ein makroökonomischer Witz. Etwas mehr als ein Prozent von dem, was die Amerikaner jedes Jahr für die Verteidigung von Kriegen ausgeben. In finanzkapitalistischen Arbitragesystemen lösen jedoch auch kleine Irritationen Spekulationswellen aus, welche Politik und Rechtssysteme nicht zu zügeln vermögen und welche die ökonomische Wissenschaft vor kognitive Herausforderungen stellt, die gleichgewichtsanalystische Paradigmen überfordern.

Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos äußert sich zu den Vorwürfen der drei makroökonomischen Staatsanwälte: Die griechische Regierung habe keine Pläne zusätzliche Sparmaßnahmen zu ergreifen. Das steigende Haushaltsdefizit resultiere aus einer stärkeren als erwarteten Rezession, Folge: mehr Ausgaben und weniger Einnahmen. Das wußte doch jeder schon vorher. Bachelorstudium in VWL. Strafpredigt von Dr. Merkel. Was schlagen die EU-Mandarine als Lösung vor? Nichts zu erkennen, wie seit einer Dekade. “Es ist das Anwenden dessen, was man gelernt hat, das Arbeiten auf den überkommenen Grundlagen, das Tun dessen, was alle tun. Auf diese Art wird nie ,Neues' geschaffen, kommt es zu keiner eigenen Entwicklung jedes Gebietes, gibt es nur passives Anpas­sen und Konsequenzenziehen aus Daten" (Joseph A. Schumpeter, 1911/2006, S.124).

Die Märkte bewerten Griechenland als Bankrottstaat. Anfang September lag die laufendende Verzinsung für einjährige Staatsanleihen bei 88 Prozent. Dahinter steht ein Totalversagen der Politik in Europa/EU und Griechendland. Wie die Griechen, wenn sie im Euroverbund bleiben, Wachstum erzeugen können, wissen auch die Götter nicht. Die Deutschen haben den Maschinenbau, die Griechen Sonne und Akropolis. 16 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erzeugt der Tourismus.

Mit 5 Minuten Brainstorming und solider Theorie läßt sich eine griechische Tragödie auffangen – ohne Einsatz keynesianischer Aktionsparameter.

In Kürze werden wir wissen, was die Weisheit des Volkes, vertreten im Deutschen Bundestag, zum Niedergang der Eurozone zu berichten hat. Die Bildzeitung wußte es schon vorher, am 3. September die Bestätigung: „Griechen-Schulden ausser Kontrolle! Bild hat die Katastrophe kommen sehen. Verkauft doch eure Inseln, ihr Pleite-Griechen.“

Vielleicht drehen die Griechen nun endlich durch und werfen hin, angesichts der „geistigen Germanisierung“ (Nietzsche, Völker und Vaterländer) des politikökonomischen „Diskurses“. Retter gibt es genug. Auch für einen holländisch Kranken. China wartet. Libyen ertrinkt im Geld. 160 Mrd. Dollar Währungsreserven, nach Schätzungen der Weltbank (FT, 3.9. 2011, Libya and Gold, S. 24.) Alle raufen sich um das Geld. Es gab einmal Zeiten, in denen griechisches und islamisches Denken auf wunderbare Weise harmonisierten. Austritt aus dem Währungsverbund, Schuldenschnitt. Bild schreit dann erst richtig auf. Ein Audi wird für die Griechen unbezahlbar. Die Chinesen liefern dann endlich die Stents für die griechischen Herzversager. Chinesische Mandarine, libysche Dollars plus griechische Intelligenz wer braucht dann noch B2 (Brüssel und Berlin)?

Science oder Fiction: es liegt vollständig außerhalb der Vorstellungswelt der Entscheider. Beschäftigen wir uns grundsätzlicher mit den Krisen in der westlichen Welt inklusive Japans (von den Japanern selbst als Quasi-Kolonie der USA betrachtet: wer einige Jahre zurückblättert: Krise in Japan „made in the US“ ). Warum Japan gegenwärtig nicht gegen die Überbewertung seiner Währung angeht, versteht nur Goldman Sachs. Vier Wirkungsströme sind zu nennen.

1) Entwicklungsdynamik (Logik der Neukombinationen)

2) Finanzkapitalismus auch als „Neoliberalismus“ bezeichnet

3) Demokratische Motive und Prozesse der Verschuldung. Machterhalt/gewinn durch Schulden. inHi

4) Dominanz keynesianischer Aktionsparameter.

Der erste und dritte Komplex sind blinde Flecke im sog. Diskurs. Alle vier wirken zusammen, ließen sich jedoch getrennt therapieren. (2) spielt mit (3) und (4) schafft Futter für (2). (1) bleibt unentwickelt und hat eine neue Heimat in Greater China gewonnen. Wenn China sich dem Druck der U$A und ihrer Institutionen (IMF, Weltbank, auch die EU mischt mit) beugt, also (2) importiert, wird die Depression der 30-er Jahre des 20. Jahrunderts als kleiner Unfall der kapitalistischen Maschine in die Geschichte eingehen. Was aus 1-4 für die Gestaltung eines „Krisenmanagement“ folgt, bedarf keiner Kommentierung. Die theoretische Ignoranz der Entscheider wird in einer globalisierten Ökonomie zum Wohlstandsvernichter.

Für den Ökononem zu beobachten ist die Beherrschung der Welt durch Geld. Alle Teilsysteme der Gesellschaft werden durch „Zahlungen“ (Niklas Luhmann) gesteuert. Politik hat mit Geld Stimmen, d.h. Macht gekauft und wird nunmehr durch die Märkte zurechtgewiesen. Die Finanzmärkte, chaotisch, habgiermemetisch, im Sekundentakt sich reproduzierend, beherrschen die Stimmenmaximierer. Die Politik zügelt die Schuldenproduktion nicht aus eigenem Antrieb, sie wird von den Märkten dazu gezwungen. Schuldenkontrolle ändert aber wenig an einer Politik, welche (1) nicht auf die Rolle bringt. Wenn die Griechen auf Rache aus sind, steigen sie aus dem Euro aus. Wenn der Euroraum das nicht verkraftet, leidet Deutschland am meisten. Ich sehe nur einen Ausweg: (1) – made in China. Deutschland bleiben keine Alternativen, als die Griechen im Euroraum zu halten. Wenn Griechenland ökonomisch mangels Wettbewerbsvermögen nicht auf die Beine kommt, es wäre kein Grund sich aufzuregen. Das Land bringt Deutschland wenig an Exporterlösen.

China muß jedoch aufpassen. Immense Kräfte versuchen, dem Land (2) aufzudrücken. Das würde am Ende Gleiches bewirken wie in den finanzkapitalistischen Kolonialmächten und ihren Vasallenstaaten, ökonomischen Niedergang. Wie die USA sich selbst eunuchisieren, sollen sie es tun. Der ökonomische Niedergang des Landes scheint vorprogrammiert. Wer braucht McDonalds, Coca Cola, Ipads, Goldman Sachs und Diabetesmedikamente? Stents werden in China zu einem Bruchteil von Made in the US hergestellt. Die Federal Death Administration FDA läßt sie nicht ins Land. Ein Meilenstein wird die Konvertabilität der chinesischen Währung sein. Wird sie verwirklicht, wird das Land mit Spekulation überflutet. Die Realwirtschaft leidet wie heute in Japan. Die Griechen dürfen dankbar sein. Diese Option haben sie nicht mehr, ausser sie steigen aus dem Euro aus – was viele Ökonomen als unvermeidlich betrachten. Alternativen wäre eine Neukombinationspolitik nach (1), welche die Griechen aber nicht selbst finanzieren können und sie auch institutionell und handlungsrechtlich überfordert.[1] Einen Deng Xiao Peng sehe ich nirgendwo im EU-Raum. Ein Industriekommissar will EU-Mandarine in griechischen Amtsstuben aufräumen lassen. Was sollen sie machen: Sparpakete noch besser schnüren und per DHL nach Brüssel schicken? Wenn sie in Brüssel und Berlin ankommen, ist die Luft raus: Steuereinnahmen und Einkommen brechen ein.

Der deutsche Finanzminister hat die oben geschilderten Ereignisse als „Pumpkapitalismus“ charakterisiert. Er hätte es besser als Pumpdemokratie bezeichnet. Die Schulden wurden sämtlich von der politischen Elite und den Vertretern des Volkes durchgesetzt. Auch in Griechenland, Italien, Spanien usw. Mehr Demokratie wagen ist kein free lunch. Patrick Welter zum jüngsten Konjunkturvorhaben von Präsident Obama „Das neue Konjunkturpaket ist sein verzweifelter Versuch, sich über den Wahltag zu retten. Kurzsichtig eben.“ [2]

Die Wie-Frage

Griechenland tritt 1981 in die Europäische Gemeinschaft ein, nahezu im gleichen Jahr, in dem China den Maoismus in der Wirtschaft zu Grabe trägt. Was in China sich abspielte – zur Überraschung der westlichen Beobachter bis heute – eine innovations- und evolutionsgetragene Transformation. Griechenland? Wenig Vergleichbares, unternehmerisches Flachland, unterstützt durch EU-Programme und Milliardengeschenke plus Verschuldung in der Gemeinschaftswährung, welche das Land zahlungunfähig machte. China finanziert die USA, kauft Rohstoffvorkommen weltweit, verwirklicht sämtliche Basisinnovationen (1-6) weitgehend gleichzeitig (Multikondratieff). Die EU-Berater der Griechen kamen (Lissabon-Strategie) und kommen mit Programmen, die durch Einsatz funktionsflacher Aktionsparameter eine Wirtschaft modernisieren wollen. Korruption in China ist mit Innovation verknüpft. Die griechische politische Elite schöpfte durch EU-Transfers und niedrigverzinste Eurokredite finanzierte Routinerenten stimmenmaximierend ab.

Die „Wettbewerbsfähigkeit“ sei zu steigern. Wie macht man das? Schließlich können Griechenland, Italien usf. nicht einfach abwerten, ihre Währung unterbewerten, der Weg Deutschlands, Japans, Chinas. Die gemeinsame Währung verlangt massive Investitionen neukombinative Prozesse. Woher kommt das Geld? Wer finanziert den Kompetenzaufbau?

Kniefälle vor den Chinesen. Sie sollen Geld einbringen. Was wir zunächst als mögliche Zukunft im Auge hatten, könnte schon bald Wirklichkeit werden. An einem Tag zwei Berichte, Spiegel und Süddeutsche Zeitung erläutern das Bemühen der politischen Elite, den Rettungsschirm bis nach China zu spannen.[3] Man muß hoffen, daß der Dalai Lama nicht bei Dr. Merkel interveniert. Die herrschende Meinung zu China: Kommunistische Wirtschaft (EU verweigert Anerkennung als Marktwirtschaft), Ausbeutung (Billiglöhner), Menschenrechtsverachter. Eine Diktatur muß die Demokratien Europas retten.



[1] Michael Martens, Sparen ohne Überlebenshilfe, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Juni 2011, S.3.

[2] Patrick Welter, Obamas kurzsichtige Sozialtüftelei, FAZ, 10. September 2011, S. 18.

[3]Rettungsfonds-Chef wirbt um chinesische Investoren, Spiegel Online, 26. Oktober 2011, http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,794079,00.html; Catherine Hoffmann, Chinesische Versuchung, SZ, 26. Oktober 2011, S. 17.