Samstag, 24. September 2011

Eurokrise, U$-Verschuldung und Demokratie

Es nimmt kein Ende. Ein Rettungsversuch nach dem anderen. Zu den Vorschlägen nehmen wir keine Stellung. Bringt sowie so nichts. Man fragt sich als demokratieskeptischer Hayekianer, wie beides zusammenhängt, Verschuldung, ökonomische Stagnation und Demokratie. Warum haben die Staaten Schulden über Schulden aufgehäuft? Schon erschütternd wenn man liest, wie die Amerikaner bei nahezu 15,000 Mrd. Dollar („In God we trust“) landen können.

Einfach gesagt: Wählerstimmen. Machterhalt, Machtgewinn. In Europa kommt das freie Eurofrühstück dazu. Die Südländer konnten sich zu niedrigen Eurozinsen verschulden. Wer weigert sich, ein solches Geschenk anzunehmen. Der „kostenlose Frühstückstisch“ (Schumpeter, 1987, S. 165) entfaltet sich als demokratisches Rauschgelage. Die ökonomischen Laboratorien (Keynes et al.) bieten wenig, um den Verdauungsbeschwerden – nicht auszuschließen, daß sie in chronisches Krankheiten, eben demokratische Volkskrankheiten münden - zu therapieren. Die Politik hängt zudem an den Krankheiten des Banksystems, von den Schools of Finance, als „systemische“ erfunden. Do not touch a running system, auch wenn es uns an die Wand fährt.

Der angelsächsische Finanzkapitalismus herrscht, ein Teilsystem der Ökonomie, eng verlinkt mit Politik und Wissenschaft, der keine über die Zeit akumulierte Wertschöpfung erzeugt. Für für die Gesundheit der Ökonomie ist er so nützlich wie Cola und Big Mac für die Gesundheit des menschlichen Körpers. Warum kommt so etwas an, in Wissenschaft, Politik, Medien? Theoretische Simplifizierungen sind en vogue in der Wissensgesellschaft.

Der Bürger zahlt nun zu Recht die Zeche. Er wollte es so. Die Politiker kommen durch ihn ins Amt. Er internalisiert nun die externen Wirkungen seines durch Schulden erzeugten Wohlstandes.

Das Obige ist aber noch, wie angemerkt, zu einfach gesagt. Man muß den Wählerstimmen diejenigen Überzeugungen der politischen und medialen Eliten hinzurechnen, die Überzeugung, andere Länder wären vom eigenen demokratischen Lebensstil zu überzeugen – durch Gewalt, militärische Intervention. Das erzeugt wetiere Schulden. Die Amerikaner geben pro Jahr, wenn man die Schattenhaushalte mitrechnet, 1000 Mrd. US $ für Militär aus. Im Budget von Obama für das Jahr 2012 machen die Ausgaben für das Militär 25 Prozent aus, gefolgt von „Gesundheit“ (sprich Therapeutisierung chronischer Krankheiten) mit 23 Prozent und Renten und Pensionen mit 22 Prozent (Sylvain Cypel, Dette américaine: un accord des concessions, Le Monde, 2. August, 2011, S. 12). Die Herabstufung durch Standard & Poor’s bestätigt lediglich, was jedermann wissen konnte und seit Jahren Gemeinplatz von Beobachtern der US-Wirtschaft war. Was will Obama machen? Er hängt am Tropf von Wallstreet, McDonalds und Cola et al. (Produzenten chronischer Krankheiten). Auch Rom starb nicht über Nacht. Was auf die USA zukommt, ist in den Medien noch gar nicht angekommen. Heilige Kühe stehen vor dem Schlachter Schlange.[1]

Ein amerikanischer Beobachter:

Here's the problem. Whatever party actually fixes the problem (i.e. forces the US to live within its means) will incur so much wrath from the American voter that they'll be dead for a generation. Try convincing career politicians to do that---it is a total nonstarter. Thus running into the wall, collapsing, and rebuilding is the only realistic course.

Der Blogger Randall Parker schreibt dazu:

Yes, you describe it in a nutshell. There are politicians in DC who, behind close doors and with people who they can trust, can probably tell you in great detail what some of our problems are. But they can't get reelected with honesty.[2]

Die Amerikaner haben Schulden (privat, Staat, Unternehmen) aufgehäuft, die 360 Prozent des BSP ausmachen. Andere Schätzungen nennen 268 Prozent (Je nachdem, ob man zukünftige Belastungen, insbesondere durch die Sozialsysteme, berücksichtigt oder nicht).[3] Die Entschuldung, wenn sie erfolgt, wird die amerikanische und europäische Wirtschaft für Jahre Wachstumseinbußen bringen. Der von D und dem EU-Mandarinismus auferzwungene Sparzwang schädigt die Nachfrage, auch nach deutschen Produkten. Der Exportweltmeister (ehemals) leidet. Gratisfrühstück gibt es nur im Kloster.

Emotionen und Medienmarketing als Grundpfeiler der Demokratie. Wie die politische Klasse im Zusammenwirken mit finanzkapitalistischen Akteuren die Wirtschaft herunterwirtschaftet, ist eine Ereigniskette, die zu beobachten dem Beobachter zu Dankbarkeit verpflichtet.



[2] http://www.parapundit.com/archives/008236.html#precomments

[3] Gerald Braunberger hat den Anstieg der privaten und staatlichen Schulden seit 30 Jahren dokumentiert. Die „268“ für die U$A entnehmen wir diesem Beitrag (FAZ, 13. September 2011, S. 29: Nicht nur der Staat ist in einer Schuldenkrise, http://www.faz.net/artikel/C31640/schuldenkrise-es-ist-nicht-der-staat-allein-30685317.html).

Dienstag, 13. September 2011

Euro-Krise: Kein Ende in Sicht?

Pech gehabt. Die FT vom 3. September 2011 in die Hand bekommen. Folge: ein Blog. Statt Laozi Euro-Krise.

“Greek puts € 8 bn bail-out aid at risk”, der Aufmacher auf Seite 1. Die Vertreter der EU, des IMF und der EZB hatten einen Wutanfall und sind aus Athen abgereist. Wegen was? Weil die Griechen 1.2 Mrd. Euro mehr Defizit machen als vereinbart? Dazu kommt das griechische Hin und Her über sog. Strukturreformen, Privatisierungspläne und gescheiterte Bemühungen noch mehr Steuern einzutreiben. 1.2 Mrd. sind eigentlich ein makroökonomischer Witz. Etwas mehr als ein Prozent von dem, was die Amerikaner jedes Jahr für die Verteidigung von Kriegen ausgeben. In finanzkapitalistischen Arbitragesystemen lösen jedoch auch kleine Irritationen Spekulationswellen aus, welche Politik und Rechtssysteme nicht zu zügeln vermögen und welche die ökonomische Wissenschaft vor kognitive Herausforderungen stellt, die gleichgewichtsanalystische Paradigmen überfordern.

Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos äußert sich zu den Vorwürfen der drei makroökonomischen Staatsanwälte: Die griechische Regierung habe keine Pläne zusätzliche Sparmaßnahmen zu ergreifen. Das steigende Haushaltsdefizit resultiere aus einer stärkeren als erwarteten Rezession, Folge: mehr Ausgaben und weniger Einnahmen. Das wußte doch jeder schon vorher. Bachelorstudium in VWL. Strafpredigt von Dr. Merkel. Was schlagen die EU-Mandarine als Lösung vor? Nichts zu erkennen, wie seit einer Dekade. “Es ist das Anwenden dessen, was man gelernt hat, das Arbeiten auf den überkommenen Grundlagen, das Tun dessen, was alle tun. Auf diese Art wird nie ,Neues' geschaffen, kommt es zu keiner eigenen Entwicklung jedes Gebietes, gibt es nur passives Anpas­sen und Konsequenzenziehen aus Daten" (Joseph A. Schumpeter, 1911/2006, S.124).

Die Märkte bewerten Griechenland als Bankrottstaat. Anfang September lag die laufendende Verzinsung für einjährige Staatsanleihen bei 88 Prozent. Dahinter steht ein Totalversagen der Politik in Europa/EU und Griechendland.

Mit 5 Minuten Brainstorming und solider Theorie läßt sich eine griechische Tragödie auffangen – ohne Einsatz keynesianischer Aktionsparameter.

In Kürze werden wir wissen, was die Weisheit des Volkes, vertreten im Deutschen Bundestag, zum Niedergang der Eurozone zu berichten hat. Die Bildzeitung wußte es schon vorher, am 3. September die Bestätigung: „Griechen-Schulden ausser Kontrolle! Bild hat die Katastrophe kommen sehen. Verkauft doch eure Inseln, ihr Pleite-Griechen.“

Vielleicht drehen die Griechen nun endlich durch und werfen hin, angesichts der „geistigen Germanisierung“ (Nietzsche, Völker und Vaterländer) des politikökonomischen „Diskurses“. Retter gibt es genug. Auch für einen holländisch Kranken. China wartet. Libyen ertrinkt im Geld. 160 Mrd. Dollar Währungsreserven, nach Schätzungen der Weltbank (FT, 3.9. 2011, Libya and Gold, S. 24.) Alle raufen sich um das Geld. Es gab einmal Zeiten, in denen griechisches und islamisches Denken auf wunderbare Weise harmonisierten. Austritt aus dem Währungsverbund, Schuldenschnitt. Bild schreit dann erst richtig auf. Ein Audi wird für die Griechen unbezahlbar. Die Chinesen liefern dann endlich die Stents für die griechischen Herzversager. Chinesische Mandarine, libysche Dollars plus griechische Intelligenz wer braucht dann noch B2 (Brüssel und Berlin)?

Ist natürlich vollständig außerhalb der Vorstellungswelt der Entscheider. Wenn wir uns grundsätzlicher mit den Krisen in der westlichen Welt inklusive Japans (von den Japanern selbst als Quasi-Kolonie der USA betrachtet: wer einige Jahre zurückblättert: Krise in Japan „made in the US“ ) beschäftigen, sind vier Wirkungsströme zu nennen.

1) Entwicklungsdynamik (Logik der Neukombinationen)

2) Finanzkapitalismus auch als „Neoliberalismus“ bezeichnet

3) Demokratische Motive und Prozesse der Verschuldung. Machterhalt/gewinn durch Schulden. inHi

4) Dominanz keynesianischer Aktionsparameter.

Der erste und dritte Komplex sind blinde Flecke im sog. Diskurs. Alle vier wirken zusammen, ließen sich jedoch getrennt therapieren. (2) spielt mit (3) und (4) schafft Futter für (2). (1) bleibt unentwickelt und hat eine neue Heimat in Greater China gewonnen. Wenn China sich dem Druck der U$A und ihrer Institutionen (IMF, Weltbank, auch die EU mischt mit) beugt, also (2) importiert, wird die Depression der 30-er Jahre des 20. Jahrunderts als kleiner Unfall der kapitalistischen Maschine in die Geschichte eingehen. Was aus 1-4 für die Gestaltung eines „Krisenmanagement“ folgt, bedarf keiner Kommentierung. Die theoretische Ignoranz der Entscheider wird in einer globalisierten Ökonomie zum Wohlstandsvernichter.

Für den Ökononem zu beobachten ist die Beherrschung der Welt durch Geld. Alle Teilsysteme der Gesellschaft werden durch „Zahlungen“ (Niklas Luhmann) gesteuert. Politik hat mit Geld Stimmen, d.h. Macht gekauft und wird nunmehr durch die Märkte zurechtgewiesen. Die Finanzmärkte, chaotisch, habgiermemetisch, im Sekundentakt sich reproduzierend, beherrschen die Stimmenmaximierer. Die Politik zügelt die Schuldenproduktion nicht aus eigenem Antrieb, sie wird von den Märkten dazu gezwungen. Schuldenkontrolle ändert aber wenig an einer Politik, welche (1) nicht auf die Rolle bringt.